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PRÄVENTION
CannabisFlyer INDRO e.V.
UMGANG MIT CANNABISPRODUKTEN:
Haschisch und Marihuana
Die nachfolgenden Informationen richten sich an Cannabisgebrauchende und/oder Konsumwillige und sind nicht als 'Konsumaufforderung' mißzuverstehen.
WAS IST CANNABIS?
Cannabis ist der botanische Oberbegriff für die Hanfprodukte Haschisch und Marihuana.
Sie werden aus der wohl ältesten Kulturpflanze gewonnen (Cannabis Sativa, Indica, Ruderalis). Dieser Faserhanf diente einerseits zur Fasergewinnung, andererseits aber auch als Heil- und Rauschmittel. Das wirksamste Cannaboid (die Pflanze enthält mehr als zwanzig psychoaktiv wirksame Substanzen) ist das Tetrahydrocannabinol (THC), das sich in dem von den weiblichen Blüten abgesonderten Harz befindet. Seit der Entdeckung von THC ist es möglich, die Substanz auch synthetisch herzustellen.
Während Marihuana aus einem Gemisch von zerriebenen Blättern, Stengelstückchen und Blüten des Hanfes besteht, wird Haschisch aus dem Harz der Blütenstände (Drüsenköpfe der weiblichen Pflanze) gewonnen. Die Qualität bzw. Potenz (THC-Gehalt) des Haschisch nimmt von gelblich oder grünlich über rötlich-braune Sorten bis zu den hochpotenten schwarzen Sorten immer mehr zu. Haschisch (Dope,Shit) enthält durchschnittlich einen THC-Gehalt von 5-15%, Marihuana (Grass) lediglich 1-3% (niederländische Züchtungen können hier bis zu 20% THC enthalten: z.B. Super Skunk, Durban Poison, Big Bud, Christal Paradise). Das seltenere Haschisch-Öl kann als lipidlöslicher Pflanzenextract 25-50% THC-Konzentration aufweisen.
Cannabisprodukte werden in Zigaretten (Joints) oder pur in speziellen Rauchwerkzeugen (Paraphernalia) geraucht, gelegentlich in Tee oder Getränken aufgelöst getrunken oder oral u.a. als Gebäck eingenommen.
Die wirksame Dosis von THC liegt bei der gerauchten Einnahmeart zwischen 2 und 22mg und bei der oralen Anwendung zwischen 20 und 90mg. Wenn unter normalen Bedingungen Haschisch/Marihuana konsumiert wird, nimmt man zwischen 16% und 19% des THC zu sich.
Eine letale (tödliche) Dosis ist nicht bekannt.
Bei wiederholter Einnahme kommt es zu einer Anreicherung im Fettgewebe und in der Leber, wodurch es im Urin noch nach Wochen nachgewiesen werden kann (allerdings nur die unwirksamen Substanzen). Wenn Cannabis geraucht wird, beginnt die Wirkung schon nach ein paar Minuten. Obwohl die höchste Plasmakonzentration nach 7-10 Minuten erreicht ist, wird sie erst nach ca. 30 Minuten wahrgenommen. Die Wirkung selbst hält 2-3 Stunden an. Nach der oralen Einnahme (in Form beispielsweise eines 'Space Cake') beginnt die Wirkung erst nach 1 bis 2 Stunden und kann dann bis zu 10 Stunden anhalten.
Die Entwicklung einer körperlichen Abhängigkeit mit entsprechenden Entzugserscheinungen ist nicht gegeben. Unter Umständen kann jedoch bei einem täglichen, exzessiven Gebrauch eine psychische Abhängigkeit als Gewöhnung an die Drogenwirkung entstehen.
In der Regel ist Cannabis eine relativ leicht zu kontrollierende und regulierende Rauchsubstanz, die wenig Neben- und Nachwirkungen hat.
Je nach Bundesland schwankt der Marktpreis für 1gr Haschisch und Marihuana zwischen 10-25 DM.
KURZGESCHICHTE
Hanf ist seit mehreren tausend Jahren Begleiter der Menschheit, ob als Nutzpflanze (Seile, Lampenöl, Kleidung etc.), als Heilpflanze (Mittel gegen 'Grünen Star', Asthma, Gicht, Rheuma, Übelkeit und Appetitlosigkeit, Migräne, Schlaflosigkeit etc.) oder als Genuß- und Rauschmittel. Die Herkunft der Pflanze ist bis heute umstritten. Manche Wissenschaftler datieren den Cannabisgebrauch um 8500 Jahre zurück. Vielfach findet man Hinweise, daß Hanf gerade wegen seiner berauschenden Wirkung geschätzt wurde. Im Hinduismus in Indien heißt es, Gott Shiva habe den Menschen zur Erbauung und Erleuchtung Cannabis vom Himalaya gebracht. In vielen buddistischen Überlieferungen und Schriften wird gesagt, daß der Religionsstifter Siddhartha sechs Jahre lang nichts anderes als Hanf zu sich nahm, bevor er zum Buddha wurde. Bei den Parsen in Persien (8.Jahrh.v.Chr. bis 5.Jahrh.n.Chr.) fand Cannabis als sakrales Räucherwerk, als Salb- und Tafelöl und in der Geburtshilfe Verwendung. Auch die Rastafari benutzten und benutzen Cannabis als heiliges Sakrament, um mit ihrem Gott in Verbindung zu treten. Mitte des 19.Jahrhunderts verbreitete sich in Europa nicht nur der Gebrauch von Cannabis-Tinkturen bei Leiden von der Diphterie bis hin zu Impotenz, sondern auch der private Genuß von sog. Cannabis-Candys und 'Orienttabak'-Mischungen.
Mit der Annahme der Genfer Konvention auf der Opiumkonferenz im Jahre 1925 wurden
Cannabisprodukte unter Drogenkontrolle gestellt: Der Handel mit Cannabisharzen, Extrakten und Tinkturen galt nunmehr als Verstoss gegen das Nakotika-Verbot und unterlag schwerer Bestrafung. Gegen Ende der 60er Jahre begann dann in der BRD aufgrund der Zunahme des Cannabiskonsums von jugendlichen und jungen Erwachsenen im Gefolge der Hippiebewegung ('Zentralrat der umherschweifenden Haschrebellen') eine konsequente Verfolgung und Bestrafung des Erwerbs und Besitzes von Cannabis. Im nun begonnenen Kampf gegen die Drogen ging es weniger um die Schädlichkeit von Cannabis, als vielmehr um eine politisch-ideologische Auseinandersetzung über Nonkonformismus und alternative Lebensformen als Verstoss gegen die herkömmliche Arbeitsmoral. Heute ist Cannabis die weitverbreiteste illegalisierte Droge und wird in der BRD von ca. 4-5 Millionen Menschen meist als Freizeitdroge konsumiert. Weiterhin gilt jedoch das Cannabisverbot, obwohl inzwischen wissenschaftlich als gesichert gelten kann, daß der moderate -Cannabisgebrauch im Gegensatz beispielsweise zum Alkohol keine unmittelbaren körperlichen Schäden zur Folge hat und Haschisch und Marihuana keine Einstiegs- und Umstiegsdrogen für den Gebrauch risikoreicherer Drogen sind.
Neuere Untersuchungen zeigen, daß vielleicht 5% der Cannabiskonsumenten aufgrund persönlicher Probleme, Gruppendruck, Neugierverhalten und milieuspezifischer Bedingungen (illegaler Drogenmarkt) auf andere Drogen umssteigen. Es sind demnach stärker drogenunabhängige Faktoren, die ein mögliches 'Umsteigen' fördern oder hemmen.
In einer Repräsentativerhebung des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) von 1993
gaben 97,5% der cannabiserfahrenen Personen an, niemals andere illegalisierte Drogen konsumiert zu haben.
RECHTLICHE SITUATION
Gegenwärtig handelt es sich bei 50% aller polizeilich erfaßten 'Rauschgiftdelikte' um allgemeine Verstösse gegen das BtMG, wobei ca.50% auf Cannabisprodukte entfallen.
Der sog. 'Haschisch-Beschluß' des Bundesverfassungsgerichtes vom 28.04.94 hat nun aus der bestehenden 'Kann-Vorschrift' in §31a des Betäubungsmittelgesetzes eine 'Muß-Vorschrift' gemacht, daß - jedoch nur auf der Staatsanwaltsebene- von Strafverfolgung 'grundsätzlich' abgesehen werden kann, wenn Cannabisprodukte nur in geringen Mengen und ausschließlich zum gelegentlichen Eigenverbrauch erworben und besessen werden.
Die einzelnen Bundesländer wurden aufgefordert, eine einheitliche Regelung (Definition)
einer 'geringen' Menge festzulegen. Dies ist jedoch bis heute nicht geschehen.
BEISPIELE
Baden-Württemberg: max. 3 Konsumeinheiten
Bayern : max. 6gr.Cannabisharz/Marihuana
Hamburg: Größe einer Streichholzschachtel (ca. 20gr)
NRW: max. 10gr. Haschisch und Marihuana
Sachsen-Anhalt: max. 6gr. Haschisch/Marihuana
Schleswig-Holstein: max. 30gr. Cannabisprodukte (außer Öl)
Nach der neuen Verordnung zur Änderung betäubungsmittelrechtlicher Vorschriften (10.BtMÄndV) vom 1.2.98 ist ab sofort der Cannabissamen als nicht verkehrsfähiges Betäubungsmittel eingestuft, wenn 'er zum unerlaubten Anbau bestimmt ist'.
In der Begründung heißt es: 'Damit soll dem verbreiteten Vertrieb von Cannabis für den individuellen Anbau von Hanf zu Rauschzwecken entgegengewirkt werden. Von einem derartigen Vertrieb ist insbesondere dann auszugehen, wenn spezieller Samen in zählbarer Körnermenge (z.B. 10 Samenkörner für bis zu 150.-DM), häufig in Verbindung mit Beleuchtungssystemen für den Anbau in Wohnräumen und Kellern und/oder mit Angaben
des Tetrahydrocannabiol (THC)-Gehaltes der angebauten Pflanze, angeboten und damit zu einem nicht erlaubten Hanfanbau verleitet wird'. Mit dieser Gesetzesänderung findet nun eine neue Illegalisierung (Erwerb und Handel von THC-haltigen Hanfsamen) statt, wiewohl gleichzeitig das synthetisch hergestellte Cannabiol (Marinol) für Krebs- und AIDS-Patienten im Einzelfall verschrieben werden kann.
In Bezug auf die Ergebnisse der 67.Gesundheitsministerkonferenz der Länder von 1994 wird in einigen Bundesländern geprüft, wie eine 'Neubewertung' von Cannabis umgesetzt werden kann (Einführung des Opportunitätsprinzips wie in den Niederlanden mit ihrem Coffee-Shop-Modell, Unterstellung unter das Ordnungswidrigkeitenrecht oder eine weitere Begrenzung der Strafbarkeit). Insgesamt gesehen zeigt sich in der BRD bezüglich der Cannabispolitik eine vielschichtige, widersprüchliche und verworrene Diskussionslage. Für die Praxis gilt weiterhin: der Umgang (Erwerb und Besitz) mit Cannabisprodukten ist immer noch strafbar.
Vom Grundsatz her wird jedoch die Staatsanwaltschaft ein Verfahren einstellen, wenn es sich um eine geringe Menge zum Eigenverbrauch handelt und keine 'Fremdgefährdung' vorliegt.
WIRKWEISEN UND RISIKEN
Eine genaue Beschreibung der psychoaktiven Wirkungsweise ist nur annähernd möglich, da der jeweilige Rausch und die Empfindungen subjektiv unterschiedlich wahrgenommen werden. Die kurz- oder langfristigen Wirkungen der Cannabisprodukte hängen von den jeweiligen Konsumbedingungen (Umfeld des Gebrauchs), der Persönlichkeit (Stimmungen, Eistellungen, Erwartungshaltungen), der Gebrauchshäufigkeit und der Gebrauchsdosis ab, wobei alle Funktionen wechselseitig voneinander abhängig sind. Jugendliche mit persönlichen und sozialen Problemen sind hier sicherlich gefährdeter als ausgeglichene Jugendliche, Cannabis als ein Problembewältigungsmittel zu verwenden.
Physische Wirkungen
Beschleunigung des Herzschlages, Erhöhung der Pulsfrequenz, Rötung der Augen, trockener Mund, Appetitsteigerung ('Fressflash'), Senkung des Augeninnendrucks, Schmerzlinderung, Brechreizunterdrückung.
Psychische Wirkungen
Entspannung, Heiterkeit, leichte Euphorie, erhöhte Sensibilität, veränderte Sinneseindrücke (Musik, Farben), Phantasieanregung, verminderte Konzentrationsfähigkeit, verändertes Zeitempfinden.
Insgesamt gesehen werden gute Gefühle ebenso intensiviert wie umgekehrt negative Stimmungen verstärkt werden.
Die euphorische Phase hält in der Regel 1 bis 2 Stunden an; danach tritt ein eher beruhigender Effekt in den Vordergrund.
BEEINTRÄCHTIGUNGEN UND NEBENWIRKUNGEN
Bei einer sehr hohen Dosis, insbesondere wenn Haschisch in grösserer Menge gegessen oder getrunken wird, kann es zu visionären Zuständen, lebhaften Imaginationen, zu Halluzinationen und Wahnvorstellungen kommen.
Möglicherweise führt dies auch zu Kreislaufproblemen, Angstzuständen und Erbrechen.
Falls vor dem Konsum Ängstlichkeit, Bedrücktheit oder latente psychische Probleme vorhanden sind, können diese Probleme durch den Cannabisgebrauch verstärkt werden.
Starker und anhaltender Cannabisgebrauch kann psychiatrische Erkrankungen begünstigen, jedoch nicht verursachen.
Ein langjähriger, chronisch starker Cannabisgebraucher erscheint möglicherweise apatisch, energie- und motivationslos.
Dieser Zustand ist jedoch nicht die Regel, liegt in der Persönlichkeit begründet und ist kein Indiz für ein cannabisbezogenes 'amotivationales Syndrom' (Antriebsverlust, Gleichgültigkeit, Leistungsablehnung).
Cannabisgebrauch beeinflusst während der Wirkungsdauer das Kurzzeitgedächtnis und verändert die Wahrnehmung. Die Fähigkeit zum Führen von Fahrzeugen und das Bedienen schwerer Maschinen ist somit zum Zeitpunkt der akuten Wirkung eingeschränkt.
Das Rauchen von Cannabisprodukten birgt die gleichen Gefahren wie der Tabakkonsum.
Folgen eines langjährigen Gebrauchs können Bronchitis, Emphyseme und Lungenkrebs sein.
Folgende Personen sollten generell auf den Konsum von Cannabisprodukten aus gesundheitlichen Gründen verzichten:
Kinder und Heranwachsende, schwangere/stillende Mütter, Herz- und Kreislaufkranke, Lungenkranke, psychisch Erkrankte.
Generell gilt: Das Risiko einer Droge ist nicht absolut bestimmbar.
Es zeigt sich immer erst im Zusammenspiel von drogenspezifischer Wirkung, Persönlichkeitsfaktoren und sozialen Umfeldbedingungen.
REGELN BZW: EMPFEHLUNGEN FÜR EINEN VERNÜNFTIGEN, RISIKOMINDERNDEN UMGANG MIT CANNABISPRODUKTEN
Versuche, möglichst nicht tagsüber bei der Arbeit oder in der Schule zu konsumieren, sondern nur in der Freizeit (Kiffen reduziert Deine Konzentrationsfähigkeit)
Konsumiere nur, wenn Du 'gut drauf' bist, wenn Du Dich wohl fühlst. Cannabis verstärkt die jeweiligen Stimmungen
Konsumiere maßvoll und nicht, um Deine Sorgen zu vergessen
Konsumiere nicht jeden Tag, mache Pausen, suche bewußt Gebrauchsgelegenheiten aus und belohne Dich nach besonderen Ereignissen selbst
Schaffe eine angenehme Atmosphäre und konsumiere in der Gemeinschaft von Freunden. Beim Erstkonsum wähle sorgfältig die Umgebung und die Mitkonsumenten aus
Wechsele häufig die Sorten, dann kannst Du bald feststellen, welche Sorte die angenehmste Wirkung hat
Stelle das Kiffen nicht in den Mittelpunkt, andere Dinge sind wichtiger (Freund/Freundin, Schule, Ausbildung, Beruf, Hobbys, Sport etc.)
Wechsele auch die Gebrauchsformen (Tee, Gebäck, Purpfeife, Bongs, Kawum etc.), nur Joints mit viel Tabak sind auf die Dauer wegen der Schadstoffe (z.B. Teer) gesundheitsschädigend. Bedenke aber, bei Tee und Gebäck vorsichtig zu dosieren. Space Cakes (Haschkuchen) essen ist riskant, da meist die Dosis nicht bekannt ist. Also: Vorsichtig antesten und nichts nachlegen, da die Wirkung erst nach ca. anderthlab Stunden einsetzt
Lasse den Rauch nicht zu lange in der Lunge, inhaliere nicht zu intensiv. Es ist nämlich ein Vorurteil, daß man nur so 'stoned' wird.
Gebrauche Cannabisprodukte nicht in Kombination mit Alkohol oder anderen psychoaktiven Drogen. Dies kann zu unerwünschten Nebenwirkungen führen. Verschiedene Drogen verstärken sich in ihrer Wirkung.
Achte jederzeit auf die Dosierung. Beim Erstkonsum reichen 0,2gr. Haschisch oder Marihuana aus
Sei Dir darüber im Klaren, daß es auch gestrecktes Haschisch im Handel gibt (Streckmittel: Henna, bestimmte Öle, Baumharze, Sand etc.). Langes Nachglühen beim Bröseln weist auf Streckmittel hin
Besorge Dir Dein Dope nur bei guten Bekannten oder im Coffee-Shop. Minimiere das Risiko eines Strafverfahrens, indem Du nur geringe Mengen besitzt
Nach dem Kiffen - Hände weg vom Steuer
Bei Unwohlsein und zum Runterkommen: Trinke Vitamin C-haltige Fruchtsäfte, Zuckerwasser oder Cola und kühle Kopf, Nacken und Unterarme. Wenn Du Dich ängstlich, gestreßt oder beunruhigt fühlst, begib Dich in einen ruhigen Raum und bitte einen Freund/ eine Freundin bei Dir zu bleiben
Ein täglicher, intensiv - exzessiver Gebrauch birgt die Gefahr einer psychischen Abhängigkeitsentwicklung in sich
Falls Du Probleme mit dem Kiffen oder auch in anderen persönlichen Bereichen hast, wende Dich vertrauensvoll an die örtliche Drogenhilfe oder an andere soziale Einrichtungen
HILFE BEI DROGEN - NOTFÄLLEN
Wenn jemand nach dem Kiffen (insbesondere in Kombination mit anderen Drogen wie Alkohol, Ecstasy, Pilze etc.) kollabiert - die Augen rollen nach hinten, Atemnot, kalter Schweiß, Koordinationsstörungen, Übelkeit - dann sorge schnell für frische Luft und absolute Ruhe. Bringe die Person in die stabile Seitenlage und kontrolliere Atmung/Puls.
Es gilt: Keine Panik, Ruhe bewahren und die betroffene Person nicht alleine lassen.Wenn Hilfe nötig wird, rufe einen Notarzt (Nummer 112) und beschreibe genau was vorgefallen ist und welche Drogen konsumiert wurden (der Arzt hat Schweigepflicht!).
INDRO e.V. Münster
Text & Inhalt:
Dr. Wolfgang Schneider
2.Auflage 2001
Weitere Informationen gibt es bei:
Tel.: 0251/60123; Fax: 0251/666580
Email: indro@muenster.net
http://home.muenster.net/ indro/~index.htm
Schorlemerstr.8, 48143 Münster
Tel. 0251/523355
Prävention
Grundlagen und Modelle
Michael Kleim, Stadtjugendpfarramt Gera
Begriff: Prävenire Zuvorkommen präventiv vorbeugend, zuvorkommend (Fremdwörterbuch)
Mit dem Begriff „Prävention“ wird innerhalb der Jugendhilfe sehr gern und zu jeder passenden und unpassenden Gelegenheit hantiert. Dabei bleibt die begriffliche Zuordnung meist bewußt unscharf. So stehen heute durchaus recht unterschiedliche Auffassungen nebeneinander, was eigentlich unter „Prävention“ zu verstehen ist. Ebenso ist bis heute die Frage umstritten, ob präventives pädagogisches Handeln sein eigenes Anliegen überhaupt umsetzen kann, d.h. sein Ziel innerhalb der Zielgruppe - also der Jugend - erreicht; oder ob es sich vielmehr um eine psychologische Stütze für die Pädagogen handelt, welche angesichts der anstehenden Probleme das Gefühl (oder die Illusion) brauchen, nicht ohnmächtig zu sein, sondern handeln zu können.
Allgemeine Prävention
Prävention - grundlegendes pädagogisches Handeln
- in der Familie
- in der Schule
- in der Jugendarbeit Ziele: u.a. soziale Kompetenz; kritisches Fragen; Verantwortungsgefühl; Mündigkeit; Selbstbewußtsein; Kreativität = allgemeine pädagogische Ziele, die in sich einen Anspruch an Prävention tragen, ohne daß dies ausdrücklich so bezeichnet werden muß
Spezialprävention
Ist Jugendarbeit an sich schon präventiv allein dadurch, daß sie - mehr oder weniger gut - geschieht, so existieren doch auch Spezialfelder für präventives pädagogisches Handeln:
Gewaltprävention durch Orientierung auf Toleranz, Kompromißfähigkeit und der Bereitschaft, Konflikte gewaltfrei zu lösen
Prävention im Bereich religiöser Abhängigkeit („Sekten“) durch Stärkung des kritischen Bewußtseins und der Freude an eigenverantworteter Lebensgestaltung und selbstbestimmter Entscheidung
Suchtprävention durch Lernprozesse, die ermutigen, Problemen nicht auszuweichen, sondern zu bewältigen; die Selbstwertgefühle stärken und die darauf aus sind, bewußt mit Verhaltensweisen (Spielen, Arbeiten, Genuß) umzugehen
Drei Grundsäulen von Prävention
1. Vertrauen Vertrauen bleibt das alles entscheidende Fundament, von dem aus präventives pädagogisches Handeln getragen werden muß!! Ohne ein gewisses Maß an Offenheit wird kein Präventionsprozeß pädagogisch möglich sein. Zwang, Drohung oder Einschüchterung verhindern wirkliche Prävention. Nur von einer Vertrauensbasis aus sind ernstzunehmende und tiefergehende Auseinandersetzungen möglich.
2. Verständnis Prävention ist keine Propaganda!! Von oben herab den Jugendlichen Botschaften überzustülpen hat nichts mit Pädagogik und damit auch nichts mit Prävention zu tun. Die Jugendlichen sind keine Präventionsobjekte, sondern unser menschliches Gegenüber. Sie, die Jugendlichen, stehen im Mittelpunkt präventiven Handelns, und kein abstraktes moralisches Ziel. Deshalb müssen die Jugendlichen auch spüren und erfahren, daß sie ernst genommen werden und sich selbst, ihre Sicht und Erfahrungen einbringen können. Prävention wird so zu einem wechselseitigen Prozeß, der immer wieder neu auf Dialog und Gespräch und gegenseitigem Zuhören angewiesen ist.
3. Sachkompetenz Es bedarf eben nicht allein pädagogischer, sondern auch fachlicher Kompetenz. Wer Mormonen nicht von den Munis unterscheiden kann, kann keine Aufklärung über religiöse Gruppen machen. Wer Haschisch noch immer als Einstiegsdroge bezeichnet, braucht sich nicht zu wundern, wenn seine Gesprächsangebote von Jugendlichen nicht angenommen werden. Jugendliche haben meist eigene Erfahrungen und informieren sich über eigene Quellen. Eigene Unkenntnis führt geradewegs zur Unglaubwürdigkeit; und diese hat zwangsläufig den Abbruch des präventiven Dialogs zur Folge.
Drei Modelle für Prävention in der Drogenarbeit
1) abstinenzorientiertes Modell einer Drogenprävention
Ziel dieses Modells ist die absolute Drogenfreiheit; klare Botschaften (Keine Macht den Drogen) und Stärkung des Einzelnen, Nein-Sagen zu können (Just say no) ; die Botschaft ist moralisch begründet und erfolgt frontal- ein Dialog, ein Gespräch erfolgt nicht; es wird nicht zwischen den einzelnen Drogen differenziert, wohl aber klar zwischen legalen und illegalen Substanzen unterschieden; Beweggründe des Drogenkonsums oder Suchtursachen spielen kaum eine Rolle; diese Prävention unterstützt aktiv die Stigmatisierung und Ausgrenzung von Gebrauchern illegaler Drogen; politisch stützt sich dieses Modell auf die Prohibition.
2) ursachenorientiertes Modell einer Suchtprävention
Bei diesem Modell wird nicht auf Stoffe und Substanzen gestarrt, sondern versucht, die Ursachen für Suchtentwicklungen in den Blick zu nehmen; nicht moralische Appelle, sondern konkrete Hilfe zur Lebensbewältigung stehen dabei im Zentrum; Suchtgefahren werden gleichrangig bewertet (illegale Substanzen; legale Substanzen; nichtstoffgebundenes Suchtverhalten wie z.B. Spielsucht); politisch tendiert dieses Präventionsmodell dahin, die aktuelle Politik der Drogenbekämpfung durch eine Politik der Suchtvorbeugung zu ersetzen.
3) akzeptierendes Modell einer Schadensprävention
Dieses Modell geht davon aus, daß Drogen als Heil- und Genußmittel durchaus auch positive Funktion haben können; deshalb ist nicht eine unbedingte Abstinenz, sondern auch ein bewußter und kontrollierter Umgang mit Drogen pädagogisches Lernziel; deshalb sieht sich dieses Modell als Ergänzung der Suchtprävention , indem es weitere spezifische Risiken thematisieren und durch präventives Handeln reduzieren will (Aufklärung über safer use, 1. Hilfe, rituellen Drogengebrauch).Politisch zielt dieses Modell darauf, Drogengebrauch nicht länger zu kriminalisieren, sondern gesellschaftlich und kulturell zu integrieren, um so konkrete Gefahren von Drogengebrauch offensiv zu mindern.
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