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CannabisLegalNews (Nummer 172, 22.10.2004)

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"Steter Tropfen höhlt den Stein"

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INHALT

1. Mythos Wirkstoffgehalt
2. Drogentests in Hamburg
3. USA: Entkriminalisierung in Chicago?
4. Großbritannien: Nach dem "Drogenkrieg"
5. Termine zu Cannabis und Drogenpolitik


1. Mythos Wirkstoffgehalt
http://www.cannabislegal.de/cln/cln172.htm#1

Am Sonntag, 17.10. um 22:50 befasste sich das SAT1-Wissensmagazin Planetopia mit Cannabis. Neue Züchtungen enthielten extrem viel Wirkstoff, heisst es in dem Bericht.

Die Kultdroge der Powerflower-Generation der Siebziger ist zurück und noch nie war Cannabis bei Jugendlichen so beliebt wie heute. Nach einer Statistik der Weltgesundheitsorganisation WHO hat jeder vierte deutsche Schüler in einer neunten Klasse schon einmal gekifft. Doch was als Entspannung und Rausch beginnt, kann Folgen haben. Das Problem: Der Stoff ist nicht mehr mit dem von vor 30 Jahren vergleichbar. Untersuchungen der Zollbehörden belegen, der Gehalt des Wirkstoffs THC ist in Haschisch-Pflanzen teilweise bis auf das Dreifache angestiegen. Holländische Gewächshäuser machen dies möglich. Welche Folgen auf Körper und Psyche der heute viel stärkere Stoff gerade bei Kindern und Jugendlichen hat - dazu gibt es noch keine Untersuchungen. PLANETOPIA über vermeintlich harmlose Joints, die es in sich haben.

Berichte über einen angeblichen spektakulären Anstieg des Wirkstoffgehalts häufen sich in den letzten Monaten immer mehr, ohne dass nachprüfbare Quellen genannt werden. Selbst wenn ein Anstieg stattgefunden hätte, würde er in erster Linie bedeuten, dass Cannabisraucher die selbe Wirkung schon mit weniger Rauchinhalation erreichen können - eigentlich ein für die Gesundheit eher positiver Effekt.

Sehr gründlich recherchiert wurde für den Bericht scheinbar nicht, wenn man der Vorankündigung traut: Die wirkstoffreichsten Sorten stammen z.B. nicht aus Treibhäusern, sondern werden in geschlossenen Räumen unter Kunstlicht angebaut.

Es stimmt, dass der Wirkstoffgehalt der Cannabisprodukte in Deutschland und anderen Ländern zugenommen hat, jedoch nicht im behaupteten Ausmass. Experten wie die Europäische Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht (EMCDDA) oder die Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen (DHS) konnten in Veröffentlichungen vor wenigen Monaten keinen dramatischen Anstieg bestätigen. Vom Bundeskriminalamt vorliegende Zahlen können keine behauptete Verdreifachung des Wirkstoffgehalts belegen.

Der EMCDDA-Bericht konnte einen deutlichen Anstieg des Wirkstoffgehalts eigentlich nur in den Niederlanden bestätigen. Dort dürfen Coffeeshops seit 1995 nur noch bis zu 5g Cannabis pro Kunde pro Tag verkaufen. Ihr Lagervorrat im Geschäft ist auf maximal 500g beschränkt. Da der Verkaufspreis in etwa proportional zum Wirkstoffgehalt ist, hat die vor 9 Jahren auf Druck Frankreichs eingeführte Regelung zur Behinderung des Drogentourismus für die Gastwirte einen wirtschaftlichen Anreiz geschaffen, möglichst wirkstoffreiches Cannabis anzubieten, wenn sie ihren Umsatz maximieren wollen. Das tun viele dann auch.

Nicht jeder Tourist, der aus seinem Heimatland weniger wirksames Cannabis gewohnt ist, weiss die in den Coffeeshops angebotete Ware richtig zu dosieren. Dass jemand zuviel erwischt, passiert auch im Heimatland am ehesten den weniger erfahrenen Konsumenten, insbesondere wenn sie nur mitrauchen, was jemand anderer gekauft hat. Wer selbst länger die selbe Ware bezieht, lernt damit umzugehen indem er die Dosierung entsprechend anpasst. Das Problem, soweit es existiert, wäre in einem legalen Markt relativ einfach über eine Verpflichtung zur Angabe des Wirkstoffgehalts auf der Verpackung zu lösen, so wie etwa auf dem Etikett von Weinflaschen.

Warum diese einseitige Darstellung der Problematik in den Medien? Es drängt sich der Eindruck einer unterschwelligen politischen Kampagne auf, die versucht, die langfristig unaufhaltsamen Reformen bei der Cannabispolitik mit Mitteln der Propaganda zu verzögern. Dabei ist offensichtlich, dass gerade die jetzige Prohibitionspolitik beim Jugendschutz auf ganzer Linie versagt.

Cannabis - Neue Züchtungen enthalten extrem viel Wirkstoff [Planetopia.de]
http://www.planetopia.de/index1.htm

EMCDDA: Kein Anstieg des Wirkstoffgehalts [CLN#163, 04.07.2004]
http://www.cannabislegal.de/cln/cln163.htm#3

DHS: Strafverfolgung "ohne feststellbaren Einfluss" [CLN#167, 30.07.2004]
http://www.cannabislegal.de/cln/cln167.htm#1

Wirkstoffgehalt von Cannabis
http://www.cannabislegal.de/cannabisinfo/wirkstoffgehalt.htm


2. Drogentests in Hamburg
http://www.cannabislegal.de/cln/cln172.htm#2

In einem Artikel befasste sich die Hamburger Morgenpost am 20.10.2004 mit Drogenkontrollen im Strassenverkehr. Wie in anderen Bundesländern auch werden in Hamburg immer mehr Drogentests im Strassenverkehr durchgeführt und dabei eine steigende Zahl von Fahrern entdeckt, bei denen der Konsum von anderen Drogen als Alkohol nachgewiesen werden kann.

Der im Test erwähnte Mahsan-Test, mit dem laut Artikel die "besten Ergebnisse" erzielt werden, ist ein Urintest, der prinzipbedingt nicht unterscheiden kann, ob die Testperson am selben Tag oder vor einem Monat das letzte Mal Cannabis konsumiert hat. Hier wird nämlich nicht nach dem Cannabiswirkstoff THC gesucht, sondern nach einem unwirksamen Abbauprodukt, das je nach Konsummuster auch noch Wochen nach dem letzten Konsum im Urin nachweisbar ist.

Dem ebenfalls im Artikel erwähnten Drogenschnelltest "Drugwipe" wurde jüngst von einer Studie von Kölner Rechtsmedizinern bei Cannabis eine hohe Fehlerquote bescheinigt (siehe CLN#171, 05.10.2004). Er kann auch jemanden, der Mohnkuchen gegessen hat, nicht von einem Heroinkonsumenten unterscheiden.

Wie der Artikel erwähnt, existiert bei anderen Drogen als Alkohol keine Promillegrenze. Derzeit ist bei jedem positivem Nachweis des Cannabiswirkstoffs THC oder anderer Drogen eine Geldbusse fällig und ausserdem ergeht ein befristetes Fahrverbot. Dass das unabängig davon geschieht, ob von der nachgewiesenen Menge auf eine Rauschwirkung geschlossen werden kann, wird im Artikel nicht ausdrücklich erwähnt. Zwar kann THC eventuell noch am nächsten Tag im Blut nachgewiesen werden, eine Rauschwirkung liegt jedoch trotzdem nicht mehr vor. Eine relevante Beinträchtigung konnte ins Studien im wesentlichen nur für die erste Stunde nach dem Rauchen eines Joints festgestellt werden, während bei Alkohol nur etwa 0,1 Promille pro Stunde abgebaut wird. Das heisst, wer 1,0 Promille Alkohol intus hat, darf sich frühestens nach 5 Stunden wieder ans Steuer setzen.

Würde man bei Alkohol analog zu THC verfahren, dann wäre auch nach einem Glas Apfelsaft, der wie alle Säfte Spuren von Alkohol enthält, der Führerscheinentzug fällig. Bei anderen Drogen als Cannabis sind die Sanktionen noch drastischer: Hier wird selbst bei einmaligem, zurückliegendem Konsum ohne Bezug zum Strassenverkehr die Fahreignung grundsätzlich in Frage gestellt.

Dass niemand unter dem akuten Einfluss von Cannabis oder anderen psychoaktiven Drogen ans Steuer gehört, ist keine Frage. Doch sollte dabei das Verhältnismässigkeitsgebot beachtet werden. So wie bei unter 0,3 Promille Alkohol von keiner Wirkung ausgegangen wird, ist auch bei THC bei geringen Dosierungen keine relevante Beinflussung von Fähigkeiten nachweisbar, die für die Teilnahme am Strassenverkehr von Bedeutung sind.

Die derzeitige Null-Toleranz-Politik bei Cannabis unterläuft die Verkehrssicherheit, indem sie die Prävention unter potenziellen Konsumenten erschwert: Der Staat kann entweder vermitteln, dass sich innerhalb mindestens einer Stunde nach dem Konsum niemand ans Lenkrad setzten sollte, insbesondere nicht in Kombination mit Alkohol; oder aber er fordert wie derzeit Totalabstinenz bei Cannabis, überall und jederzeit (und wird von Millionen von jungen Menschen einfach ignoriert). Beide Ansätze stehen zueinander in einem Konflikt.

Fordert der Staat Punktnüchternheit im Strassenverkehr, könnte ja der Eindruck entstehen, der Konsum abseits des Strassenverkehrs (wo man keinen Dritten gefährdet) sei nicht so verwerflich, so die Befürchtung der Politiker. Das will will man um jeden Preis vermeiden. Damit beraubt sich der Staat aber der Möglichkeit, gezielt und wirksam den Nichtkonsum im Strassenverkehr zu propagieren, dort also, wo vom Konsum eine konkrete Gefährdung Dritter ausgehen kann.

Zugedröhnt hinterm Steuer [Morgenpost, 10.10.2004]
http://www.mopo.de/nachrichten/102_panorama_67674.html

Leserbrief-Adresse der Morgenpost:
leserbrief@mopo.de

Hohe Fehlerquote bei Drogenschnelltest [CLN#171, 05.10.2004]
http://www.cannabislegal.de/cln/cln171.htm#2

Medienprojekt MAP-DE:
http://www.mapinc.org/mapde/


3. USA: Entkriminalisierung in Chicago?
http://www.cannabislegal.de/cln/cln172.htm#3

Der Bürgermeister von Chicago, Richard Daley, selbst ein ehemaliger Staatsanwalt, will Gefängnisstrafen für den Besitz bis zu einer Unze (ca. 28g) Cannabis abschaffen. Im vergangenen Jahr beschäftigte sich die Polizei der drittgrössten Stadt der USA mit fast 7000 Fällen, in denen es um bis zu 2,5g Cannabis ging. Statt diese Fälle vor Gericht zu bringen, wo ein Polizeibeamter aussagen muss, will Daley einfache Geldbussen wie bei Falschparken verhängen. Derzeit droht bei bis zu einer Unze eine Höchststrafe von 30 Tagen Haft.

Chicago Mayor Suggests Easing Up On City's Marijuana Policy [Kansas Star (US), 08.10.2004]
http://www.mapinc.org/drugnews/v04/n1434/a07.html

Cannabis in den USA:
http://www.cannabislegal.de/international/us.htm


4. Großbritannien: Nach dem "Drogenkrieg"
http://www.cannabislegal.de/cln/cln172.htm#4

Ein Bericht der britischen Drogenreformorganisation Transform schlägt einen langfristigen Plan zur schrittweisen Wiederaufhebung der Drogenprohibition vor. Der Plan hat die Unterstützung der Labour-Abgeodneten Paul Flynn und Oona King, der Oberhausabgeordneten Baronin Stern, des ehemaligen Herausgebers der Times, Simon Jenkins und mehrerer ehemaliger Polizeibeamter.

Der Bericht erläutert die Probleme der Prohibitionspolitik der letzten Jahrzehnte und zeigt stattdessen einen Weg zur Regulierung und Kontrolle der Herstellung, des Vertriebs und des Konsums von derzeit illegalen Drogen auf.

The term ‘legalisation’ is only loosely defined in the public understanding, leading to much confusion as the current debate has developed. Transform uses a more specific definition; the ‘regulation and control of the production, supply and use of currently illegal drugs’ (see definitions p.16). This definition includes the repeal of prohibition implicit in the term ‘legalisation’ but specifies more clearly what will replace it. Transform does not advocate the free market model of legalisation as espoused by some libertarians and free market economists.

The various regulatory options for legal drug production and supply are outlined in this report (see p.17). Transform is not advocating the ‘drugs free for all’ that some critics have suggested; we would argue that such a phrase more accurately describes today’s criminal drug markets. Equating ‘prohibition’ and ‘drug control’ is one of the great ironies of social policy – in reality, prohibition means abdicating control to gangsters and unregulated dealers. Legalisation would, by contrast, put in place the regulations and controls absent from existing illegal markets.

After the War on Drugs - Options for Control
http://www.ukcia.org/research/AfterTheWarOnDrugs.pdf

MP's Back Legalisation 'Road Map' [Guardian (UK), 13.10.2004]
http://www.mapinc.org/drugnews/v04.n1451.a02.html

Transform - Homepage
http://www.tdpf.org.uk

Drogen in Großbritannien
http://www.cannabislegal.de/international/uk.htm


5. Termine zu Cannabis und Drogenpolitik:

29.-30.11.2004 Berlin: Fachtagung der Bundesdrogenbeauftragten
01.-03.04.2005 Bern (CH): Cannatrade
Sommer 2005 Berlin: Hanfparade
September 2005 Köln: CannaBusiness

Unsere Ankündigungen sowie Links finden Sie bei unseren Terminen:
http://www.cannabislegal.de/aktionen/kalender.htm

Wissen Sie von Veranstaltungen? Schreiben Sie uns!
http://www.cannabislegal.de/kontakt.htm


Mit freundlichen Grüßen

Joe Wein

http://www.cannabislegal.de


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