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CannabisLegalNews (Nummer 152, 09.04.2004)Ein wöchentlicher Service von cannabislegal.de"Steter Tropfen höhlt den Stein" Kontakt: info@cannabislegal.de INHALT
1. Niederlande: Kein "Nederwiet" mehr in Coffeeshops?
1. Niederlande: Kein "Nederwiet" mehr in Coffeeshops?
Die niederländische Regierung erwägt, den Verkauf von Cannabis-Sorten mit besonders hohem Wirkstoffgehalt in Coffeeshops nicht mehr zuzulassen. In den Niederlanden wird seit 1976 bei illegalen Drogen zwischen sogenannten "weichen" oder "harten" Drogen unterschieden. Der Verkauf geringer Mengen von "weichen" Drogen wird staatlich toleriert. Nun wollen Gesundheitsminister Hoogervorst und Justizminister Donner "Nederwiet", also in den Niederlande angebautes Cannabis, als "harte" Droge einstufen, während illegal importiertes Cannabis weiterhin als "weiche" Droge geführt wird.
Eine Studie des Trimbos-Instituts hatte gezeigt, dass der THC-Gehalt von Cannabis aus einheimischer Produktion in den letzten Jahren angestiegen ist und deutlich höher liegt als bei importiertem Cannabis. Aus dem Ausland eingeführtes Cannabis wird im Freien auf Feldern angebaut, während die Produktion in den Niederlanden vorwiegend unter Lampen erfolgt, wo die Anbaubedingungen optimiert werden können. Ein Hauptgrund für den aufwendigen Anbau unter Lampen ist, dass er die Entdeckung erschwert.
Anders als der Verkauf geringer Mengen ist der Anbau von Cannabis in den Niederlanden nicht entkriminalisiert. Derzeit drohen dafür Haftstrafen bis zu vier Jahren und es wurde vorgeschlagen, die Höchststrafe auf fünf Jahre anzuheben. Die Repression gegen Anbauer ist aber ein wesentlicher Faktor, der zum Anstieg des Wirkstoffgehalts geführt hatte.
Bis in die späten 70er Jahre war der Anbau von Cannabis unter Lampen weltweit so gut wie unbekannt. Als im Laufe der 80er Jahre die USA ihre Cannabispolitik verschärften und Anbauer bei Entdeckung mit schärferen Strafen rechnen mussten, verschwanden Cannabispflanzen aus Gärten und von Balkonen. Dafür verbreitete sich der Anbau unter Speziallampen, mit denen in einer Abstellkammer, im Keller oder auf dem Dachboden ideale Wachstumsbedingungen geschaffen werden konnten.
Eine ähnliche Entwicklung ergab sich in den letzten paar Jahren in der Schweiz. Nachdem immer mehr Bauern und Gärtnereien verurteilt wurden, weil sie Cannabis mit mehr als 0,3% THC auf dem Feld oder im Gewächshaus angebaut hatten, verlagerte sich der Anbau nach drinnen und der durchschnittliche Wirkstoffgehalt der Füllung von in Hanfläden verkaufen "Duftkissen" stieg an.
Das niederländische Parlament ist in der Frage der Cannabisregelung gespalten. Die regierenden Christdemokraten (CDA) wollen eine Verschärfung, die sozialdemokratische Arbeiterpartei (PvdA) ist dagegen. Mit einem Verbot werde der Konsum in den Untergrund gedrängt, so die PvdA: "Der Gebrauch weicher Drogen muss kontrollierbar bleiben." Die liberale Partei D66 ist für eine Legalisierung "weicher" Drogen.
Die Suchthilfeeinrichtung Jellinek forderte laut einem Bericht von Radio Nederland (08.04.2004), den Anbau durch eine begrenzte Anzahl von Anbauern zuzulassen, die dafür bestimmte Auflagen erfüllen müssten. Sie müssten genau Buch führen und dürften keine Pflanzenschutzmittel einsetzen.
Ähnlich sieht die Lage auch der Gemeinderat von Amsterdam. Alle Fraktionen ausser der christdemokratischen CDA (PvdA, VVD, GroenLinks, SP, D66, Leefbaar Amsterdam, Amsterdam Anders/De Groenen und Mokum Mobiel) wollen den Hanfanbau in Amsterdam legalisieren. Am Mittwoch unterzeichneten die Fraktionsvertreter gemeinsam ein Papier namens "Open de Achterdeur" (Öffnet die Hintertür). Der Titel nimmt Bezug auf das "Hintertürproblem", wonach Coffeeshops zwar Cannabis vorne an der Theke an Konsumenten verkaufen dürfen, ihre Lieferanten an der Hintertür aber immer mit einem Bein im Gefängnis stehen. Solange der Anbau illegal sei, müssten Coffeeshopbetreiber Geschäfte mit Kriminellen machen. Beim Anbau in Wohnungen komme es zu Gefahren und Belästigungen (z.B. Brand- oder Wasserschäden). Der Gemeinderat von Amsterdam will diesen Vorschlag auch mit anderen Städten besprechen.
A. de Loor, von der Stiftung Beratungsbüro Drogen, begrüsst eine Untersuchung. Laut ihm ist noch immer nicht wissenschaftlich bewiesen, dass THC Probleme bei den Konsumenten verursacht. "Ich denke, dass es keine Probleme gibt." Die Unruhe wegen möglicher schädlicher Effekte von THC bezeichnet er als "Wahnsinn".
Gespaltene Reaktionen auf mögliches Verbot von niederländischem Marihuana [De Volkskrant (NL), 07.04.2004]
Amsterdam will Hanfanbau legalisieren [Sp!ts (NL), 07.04.2004]
THC content of marihuana and hash in Dutch coffeeshops (2001-2002)
Cannabis in den Niederlanden
2. Berlin: Ärztekammerpräsident für Legalisierung
Der Präsident der Berliner Ärztekammer, Günther Jonitz hat sich erneut für die Legalisierung von Cannabis ausgesprochen. Zum Beschluss des Gesundheitsausschusses des Berliner Abgeordnetenhauses, bei bis zu 15g Cannabis Ermittlungsverfahren grundsätzlich wieder einzustellen:
Jonitz geht der Beschluss der Parlamentarier nicht weit genug. Dem KURIER sagte er: «Wenn sich die geplante Legalisierung des Besitzes von bis zu 15 Gramm Cannabisharz für den Eigenkonsum in der Praxis bewährt, sollte die Landesregierung über eine völlige Freigabe nachdenken. Es ist ein menschliches Phänomen, sich in Rauschzustände zu versetzen. Dem kann man nicht mit Verboten begegnen. Alkohol ist weitaus gefährlicher als Cannabis. Die Konsumenten müssen aus der Illegalität geholt werden."
Alarmiert durch die Stellungnahme des Berliner Chrirurgen zeigt sich die Berliner Drogenbeauftragte Elfriede Koller, eine erklärte Gegnerin einer Cannabisliberalisierung:
Die Drogenbeauftragte des Senats, Elfriede Koller, hält seine Forderung für unverantwortlich und argumentiert wie folgt: "In Cannabis sind mehr als 400 Giftstoffe. Cannabis schädigt die Lunge, Gehirnzellen und steht im Verdacht, die Fruchtbarkeit von Männern einzuschränken." Nach ihren Angaben konsumieren schon jetzt in Berlin 42 000 Jugendliche Cannabis – jeder Vierte! Koller: "Die Hilfsdienste können sich vor Anfragen kaum retten."
Tatsächlich melden Suchtberatungsstellen bundesweit, dass rund 10mal häufiger Menschen wegen Alkoholproblemen eine Suchtberatung aufsuchen als wegen Cannabis, ohne dass Frau Koller deswegen ein Alkoholverbot fordert.
Das Argument mit den "400 Giftstoffen" stammt aus der drogenpolitischen Debatte in den USA und ist wissenschaftlich völlig absurd. Analysen von Cannabis unterscheiden zwar mehr als 400 verschiedene Substanzen (nicht alle davon "Giftstoffe", wie von Frau Koller behauptet), darunter 60 cannabisspezifische Substanzen oder Cannabinoide. Das ist jedoch für pflanzliches Material nichts ungewöhnliches. Alle Pflanzen bestehen aus Tausenden von verschiedenen Substanzen und manche davon wirken bei entsprechender Dosierung giftig.
Die Zahl der unterscheidbaren Einzelsubstanzen hat dabei keinerlei Aussagekraft was eine mögliche Giftwirkung angeht: Broccoli besteht z.B. aus mehr verschiedenen Substanzen als Rattengift, das wiederum mehr verschiedene Substanzen enthält als destilliertes Wasser.
In einem Usenet-Artikel im Juli 1993 wies Paul Hager darauf hin, dass laut einem Artikel im Wissenschaftsmagazin "Science" vom 31.08.1990 geröstete Kaffeebohnen über 800 verschiedene Chemikalien enthalten, von denen bisher nur 21 an Tieren getestet wurden. 16 davon erwiesen sich als krebserregend. Dennoch ist Kaffee legal und wird im allgemeinen als ziemlich ungefährlich eingestuft.
Der stetige Anstieg der Verbreitung des Cannabiskonsums in den letzten Jahrzehnten beweist zudem, dass Strafverfolgung kein geeignetes Mittel ist, um den Konsum zu verhindern. Stattdessen behinderte die Illegalität nur die gesundheitliche Aufklärung der Konsumenten, etwa bezüglich der Risiken des Mischkonsums von Cannabis und Tabak.
Bereits im Februar 2001 forderte Dr. Jonitz, Cannabiskonsumenten aus der Illegalität zu holen.. Am 16.02.2001 zitierte ihn BILD wie folgt:
Alkohol und Cannabis sind als Drogen absolut gleichzusetzen. Nur ist Cannabis bei uns noch ungewöhnlich. So wie Pizza nach dem Zweiten Weltkrieg.
Ärzte-Chef will Hasch Freigabe [Berliner Kurier, 02.04.2004]
Koller warnt vor Freigabe ... und Ströbele eilt Jonitz zu Hilfe [Berliner Kurier, 02.04.2004]
Ärzte und Cannabis-Entkriminalisierung
Drogenpolitik in den Ländern: Berlin
3. SPD Thüringen: "Konsumenten nicht länger kriminalisieren"
Auf dem Landesparteitag am 27.03. beschloss die der Thüringer SPD als Teil ihres Wahlprogramms eine Entkriminalisierung von Cannabis. Hier ist der Beschluss im Wortlaut:
Konsumenten, die Kleinstmengen Cannabisprodukte zum Eigenbedarf besitzen, werden nicht länger kriminalisiert. Dann können sich Polizei und Justiz auf die Bekämpfung schwerer Drogenkriminalität konzentrieren
SPD und Cannabis"
SPD Thüringen:
Drogenpolitik in den Ländern: Thüringen
4. Was ist die "Droge Nummer eins" in Bayern?
Der Freistaat Bayern mit seiner bekannt repressiven Cannabispolitik ist weit davon entfernt, "drogenfrei" zu sein. Das zeigte sich wieder einmal bei der Vorstellung der Zahlen für 2003 durch den bayerischen Innenminister Günther Beckstein.
748,5 kg Cannabisharz (Haschisch) und 387 kg Cannabiskraut (Marihuana) wurden im vergangenen Jahr in Bayern beschlagnahmt. Das ist eine Zunahme um rund 200 bzw. 40 kg zum Jahr 2002. In 23.034 Fällen wurde aufgrund des Cannabisverbots ein Ermittlungsverfahren eingeleitet. In rund vier Fünftel der Fälle ging es ausschliesslich um Besitz ohne Handel. Wegen Schmuggels oder Handels gab es 4907 Anzeigen, wegen Einfuhr nicht geringer Mengen 323 Verfahren.
Dass das Verbot die bayerische Jugend nicht schützt, belegte die Tatsache, dass etwa jeder sechste Tatverdächtige noch minderjährig war, darunter 175 Kinder unter 14 Jahren und 3885 Jugendliche unter 18 Jahren. Ein Studie in mehreren deutschen Großstädten fand im Jahre 2002, dass Münchens Schüler sowohl beim Konsum von Cannabis als auch von Alkohol an der Spitze lagen.
Geht man davon aus, dass die beschlagnahmten 1,1 Tonnen Cannabis (Haschisch und Marihuana) nur die Spitze des Eisberges darstellen und etwa die 20fache Menge tatsächlich konsumiert worden ist, und ein Gramm als drei bis vier Konsumeinheiten annimmt, dann entspricht das 66 bis 88 Millionen Konsumeinheiten. Damit hinkt Cannabis, trotz seit Jahrzehnten steigenden Konsumzahlen, noch weit hinter den anderen Volksdrogen wie Alkohol und Nikotin her. Von den im Jahr 2003 in Deutschland gerauchten 145 Milliarden Zigaretten gingen etwa 20 Milliarden in Bayern in Rauch auf. Im vergangenen Jahr wurden in Bayern 22,9 Millionen Hektoliter Bier abgesetzt, also 2,3 Milliarden Maß. In Maßkrüge gefüllt und aneinandergereiht, würde bereits der monatliche Verbrauch von Bayern bis Australien reichen. Allein beim Oktoberfest auf der Theresienwiese in München wurden binnen vierzehn Tagen soviele Mass Bier ausgeschenkt, wie nach obiger Schätzung in ganz Bayern in einem Monat Cannabisjoints geraucht werden.
Wer dennoch wie Minister Beckstein Cannabis die "Droge Nummer eins in Bayern" nennt, der sieht den Wald vor lauter Bäumen nicht.
«Droge Nummer eins in Bayern» - Beckstein warnt vor Cannabis [Yahoo! Nachrichten, 07.04.2004]
Alkohol, Nikotin und Cannabis im Vergleich
Münchner Schüler führend bei Alkohol und Cannabis
Drogenpolitik in den Ländern: Bayern
5. Termine zu Cannabis und Drogenpolitik:
01./08.05.2004 Weltweit: MMM 2004
Unsere Ankündigungen sowie Links finden Sie bei unseren Terminen:
Wissen Sie von Veranstaltungen? Schreiben Sie uns! Mit freundlichen Grüßen Joe Wein Kontakt: info@cannabislegal.de Anmeldung: cannabislegalnews-subscribe@yahoogroups.com Abmeldung: cannabislegalnews-unsubscribe@yahoogroups.com |