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CannabisLegalNews (Nummer 151, 02.04.2004)Ein wöchentlicher Service von cannabislegal.de"Steter Tropfen höhlt den Stein" Kontakt: info@cannabislegal.de INHALT
1. Schweiz: Reform auf der Kippe
1. Schweiz: Reform auf der Kippe
Die Gegner der von der Schweizer Bundesregierung geplanten Cannabisreform haben sich im Gesundheitsausschuss des Nationalrats (SGK) knapp durchgesetzt. Mit 13 zu 12 Stimmen empfahl der Gesundheitsausschuss der grossen Kammer des Bundesparlaments, sich mit dem Gesetzesentwurf nicht zu befassen. Zuvor hatte der Ständerat, die kleine Kammer des Parlaments, die Reform mit 28 zu 12 Stimmen erneut unterstützt. Im September 2003, kurz vor den Nationalratswahlen, war das Thema so brisant, dass es der Nationalrat mit 96 zu 89 Stimmen von der Tagesordnung nahm.
Sollte sich das Plenum des Nationalrats der Ausschussmehrheit anschliessen, dann wäre die Reform in der bis jetzt geplanten Form auf absehbare Zeit vom Tisch. Der Entwurf sah vor, Konsum, Besitz und Eigenanbau ab einem bestimmten Alter straffrei zu stellen und Anbau und Handel zu tolerieren, sofern bestimmte Auflagen eingehalten werden. Ausserdem sollte eine Lenkungsabgabe auf den Handel erhoben werden.
Zu den bürgerlichen Siegern in der SGK gehörte Claude Ruey (LPS/VD). Die Gesetzesrevision sei «ein falsches Signal an die Jugend», dass das Kiffen völlig problemlos sei, sagte er am Donnerstag vor den Medien im Bundeshaus. «Zum Erziehen gehören auch Verbote.» Polizeipräsenz und schon das minimale Risiko einer Strafe könnten vom Cannabis-Konsum abhalten.
Kiffen soll strafbar bleiben [Tagesanzeiger, 01.04.2004]
Cannabis in der Schweiz
2. Berlin: Verfahrenseinstellung bis 30g möglich
Der Rechtsausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses folgte einem Antrag der Grünen, wonach eine Einstellung eines Verfahrens bei bis zu 30g Cannabis möglich ist. Im Februar hatte der Gesundheitsausschuss als Grenze, bis zu der im Regelfall das Verfahren eingestellt wird, nur auf 15g festgelegt.
Rechtsausschuss: Bis zu 15 Gramm Cannabis erlaubt [Berliner Morgenpost, 26.03.2004]
Drogenpolitik in den Ländern: Berlin
3. Thüringen: CDU und "Einstiegsdrogen"
Mehr als zehn Jahre ist es her, dass das Bundesverfassungsgericht nach Anhörung von Gutachtern anerkannte, die These von Cannabis als einer "Einstiegsdroge" zu Drogen wie Heroin oder Kokain werde von Experten "überwiegend abgelehnt". Einem Auftrag des Bundesverfassungsgerichts folgend, gab Bundesgesundheitsminister Horst Seehofer (CSU) eine Studie zu Cannabis in Auftrag. Diese bestätigte im Jahre 1998, dass die Einstiegsdrogenthese "nach dem heutigen wissenschaftlichen Erkenntnisstand nicht haltbar" sei.
Zehn bzw. sechs Jahre später scheint sich das jedoch immer noch nicht bis zur Thüringer CDU herumgesprochen zu haben, wie ein Artikel in der Ostthüringer Zeitung zeigt, der auf einer CDU-Pressemitteilung basiert:
CDU gegen Freigabe von Drogen
CDU gegen Freigabe von Drogen [OTZ, 30.03.2004]
Argumente: "Cannabis ist eine Einstiegsdroge"
Argumente: "Wir müssen die Jugend schützen"
Argumente: "Cannabis ist nicht harmlos"
Dr. Frank-Michael Pietzsch [cdu-thueringen.de]
CDU Thüringen
SPD Thüringen
Drogenpolitik in den Ländern: Thüringen
4. Studien zu Cannabis und Sperma
Seit mehreren Jahren kursieren immer wieder Berichte in der Presse, wonach Studien ergeben hätten, dass der Cannabiswirkstoff THC die männliche Fruchtbarkeit beeinträchtige. Da der körpereigene Botenstoff Anandamid, dessen Wirkung THC nachahmt, eine Rolle bei der Befruchtung von Eizellen spielt, ist eine entsprechender Einfluss von THC eigentlich nicht verwunderlich. Die Frage ist jedoch immer, inwiefern die Laborbedingungen und insbesondere die dort verwendeten Dosierungen auf den menschlichen Körper übertragbar sind.
Der Bericht des Institute of Medicine von 1999 für die US-Bundesregierung befasste sich mit mehreren, damals bereits vorliegenden Studien zum Einfluss von Cannabis auf die Fruchtbarkeit und kam zu folgendem Schluss:
Wirkung von Cannabinoiden auf die Fähigkeit von Sperma, Eizellen zu befruchten, ist umkehrbar und wird bei [Konzentrationen] beobachtet die höher liegen als jene die bei Marihuanarauchern wahrscheinlich auftreten."
Der Einfluss von THC auf die Befruchtungsfähigkeit ist also vorübergehender Natur und tritt erst bei THC-Konzentrationen auf, die zwar im Labor erreicht werden können, aber weit von in der Praxis tatsächlich auftretenden Werten entfernt sind.
Der "Spiegel" berichtet von einer Studie von Sheena Lewis von der Queen's University in Großbritannien, wonach der Cannabiswirkstoff THC die Beweglichkeit von Spermien beeinträchtigen kann. Forscher behandelten 51 Spermaproben mit THC und beobachteten eine um bis zu 45% verringerte Beweglichkeit. Welcher Dosierung dabei verwendet wurde und wie aussagekräftig die Ergebnisse nicht nur im Reagenzglas sondern auch für Konsumenten sind, berichtet der Spiegel leider nicht.
Eine Studie in Spanien, die nicht einfach THC ins Reagenzglas kippte, sondern echte Konsumenten untersuchte und zwar rund 25-mal mehr als die britische Studie an Proben untersucht hatte, konnte keinen Einfluss von THC auf die Spermaqualität feststellen:
Nach einer Studie von Forschern des Instituts Marqués in Barcelona wurde die Qualität des männlichen Spermas nicht durch den Konsum von Drogen beeinflusst. Sie hatten 1.005 Spermienproben von Männern aus Barcelona und von 279 Männern aus La Coruña analysiert. Dabei waren eine Anzahl möglicher Einflüsse auf die Spermienqualität untersucht worden. Der höchste Einfluss auf die Spermienqualität wurde für die Häufigkeit der Ejakulationen gemessen. Je mehr Ejakulationen um so besser. Männer, die Drogen konsumierten, wiesen eine häufigere Ejakulationsfrequenz auf (4,1 pro Woche) als der Durchschnitt der männlichen Bevölkerung (3,1 pro Woche). (Quelle: Las drogas no afectan a la calidad del esperma, http://www.bahiademalaga.com)
Marihuana macht Spermien schlapp [spiegel.de, 31.03.2004]
Las drogas no afectan a la calidad del semen [El Mundo (ES), 23.03.2004]
"Marihuana schadet Spermien" (Seeigel-Studie)
5. Dealte hessische Polizei mit 1,2 Tonnen Kokain?
Nach einem Bericht der "hessenschau" (hr) beruht der "größte Rauschgiftfund der bundesdeutschen Kriminalgeschichte" vor eineinhalb Jahren auf einem Deal, den die hessische Polizei selbst organisiert hatte. Verdeckte Ermittler bestellten demnach 1,2 Tonnen Kokain mit einem Marktwert von 37 bis 120 Millionen Euro von einem kolumbianischen Lieferanten. Die Ware wurde unter Melonen aus Ecuador versteckt. Der Hamburger Zoll habe die entdeckten Drogen absichtlich passieren lassen, damit die Ermittler damit Abnehmer ködern konnten, so das Magazin. Schliesslich gingen der Polizei Händler aus Spanien in Kassel auf den Leim.
Bei der Vorstellung des Fundes erklärte Innenminister Bouffier stolz: "Das was dort liegt ist geeignet, tausende von Menschen ins Elend zu stürzen." Er nannte den Fund einen wichtigen Schlag gegen das organiserte Verbrechen. Der Hauptangeklagte muss laut "hessenschau"" trotz des Rekordfunds nur fünf Jahre Haft absitzen, weil das Gericht anerkannte, dass das Geschäft auf Initiative der Polizei zustandekam und nicht von den Angeklagten selbständig geplant war.
Diese Darstellung wurde von Landespolizeipräsident Norbert Nedela am Dienstag, 30.03.2004 dementiert. Nicht verdeckte Ermittler, sondern "V-Leute" der Polizei hätten den Kontakt zu den Lieferanten hergestellt. Der Hauptangeklagte sei zu neuneinhalb Jahren und weitere Angeklagte zu achteinhalb und sechs Jahren Haft verurteilt worden. Das ist immer noch weniger als die 10 Jahre Haft, die im Februar 2003 ein nicht vorbestrafter 51jähriger Familienvater dafür bekam, dass er bei einem von Beamten des bayerischen Landeskriminalamtes eingefädelten Haschischgeschäft mitgemacht und 55 kg Cannabis für Abnehmer in Polen geliefert hatte (siehe CLN#99 , 28.02.2003).
Dank des von der Polizei selbst organisierten Kokaindeals habe sich die beschlagnahmte Kokainmenge im Jahre 2002 im Vergleich zum Vorjahr verdoppelt, berichtet hr-online. Der "Fund" in Kassel besserte die Kokain-Statistik um soviele Kilos auf, wie alle Sicherstellungen im Jahre 2001 zusammengenommen.
Unser Kommentar dazu: Wenn Firmen wie Enron und Parmalat mit buchhalterischen Tricks Millioneneinnahmen vortäuschen wo keine existieren, liegt der Verdacht nahe, dass es bis zur Pleite nicht mehr weit ist. Nun sind scheinbar Enron-Methoden auch in der Drogenpolitik akzeptabel geworden. Hauptsache, der Anschein des Erfolgs bleibt gewahrt.
Drogendeal von Polizei eingefädelt [hr-online.de, 29.03.2004]
Größter Kokainfund: Spielte Polizei Dealer? [rp-online.de, 29.03.2004]
Bouffier verteidigt Polizeiarbeit bei Kasseler Kokainfund [faz.net, 31.03.2004]
Eine Tonne Kokain gefunden [n-tv.de, 16.10.2002]
Urteile bei Cannabis:
6. West-Australien entkriminalisiert Cannabis
Der australische Bundesstaat West-Australien ist der zweite Bundesstaat nach Südaustralien, der Cannabisbesitz entkriminalisiert hat. Das Gesetz, das am 21.03.2004 in Kraft getreten ist, sieht für den Besitz von bis zu 30 g Cannabis eine Geldstrafe von 150 AU$ (ca. 92 €) vor und eine Verpflichtung, an einem Kurs über Drogen teilzunehmen. Der Anbau von bis zu zwei Pflanzen wird mit 200 AU$ Geldstrafe bestraft (ca. 123 €). In den Bundesstaaten New South Wales, Victoria und Queensland gilt Besitz und Anbau noch als Straftat, wegen der man vor dem Richter landen kann, die Polizei hat jedoch die Möglichkeit, das Verfahren mit einer Verwarnung einzustellen.
Western Australia Eases Rules on Cannabis [New Zealand Herald (NZ), 22.03.2004]
2004 Cannabis Program Overview [health.wa.gov.au]
Australian State Laws (Cannabisgesetze in Australien)
Cannabis in Australien
7. Kanada plant Cannabis in Apotheken
Das kanadische Gesundheitsministerium arbeitet an einem Plan, Cannabis in der westlichen Provinz British Columbia in Apotheken an Patienten abzugeben. Etwa 700 Patienten in Kanada haben derzeit eine Sondergenehmigung der Regierung zum Besitz von Cannabis zu medizinischen Zwecken. Ein Unternehmen baut in einem ehemaligen Bergwerk unter der Stadt Flin-Flon in Nordkanada Cannabispflanzen für die Regierung an. Diese Pflanzen werden für die Belieferung der Apotheken zur Verfügung stehen.
Derzeit hat nur etwa ein Zehntel der Patienten mit Genehmigung beantragt, von der Regierung mit Cannabis versorgt zu werden. Die meisten versorgen sich über Kooperativen, die "Compassion Clubs", die jedoch von der Regierung keine Anbaugenehmigung bekommen. Kritiker weisen auf die hohen Kosten beim Regierungsprogramm und auf angebliche Qualitätsprobleme beim offiziellen Produkt hin. Das Regierungscannabis enthalte unannehmbar hohe Werte an Schwermetallen, weil es in Erde angebaut wurde, die durch Schwerindustrie in der Nähe des Bergwerks verseucht sei. Auch der THC-Gehalt bliebe hinter den Angaben der Regierung und der im grauen Markt üblichen Qualität zurück.
Im Oktober hatte ein Berufungsgericht der Provinz Ontario entschieden, dass die Genehmigungspraxis der Regierung zu restriktiv sei (siehe CLN#129, 10.10.2003 ). Eine Regel, keine Kooperative von mehr als drei Patienten zuzulassen, sei rechtswidrig. Trotz dieser Entscheidung hat bisher kein einziger "Compassion Club" in Kanada eine staatliche Genehmigung zum Cannabisanbau für beteiligte Patienten erhalten. Patienten dürfen damit nur einzeln oder in sehr kleinen Gruppen Cannabis für den eigenen Bedarf anbauen.
Immerhin ist Kanada mit seinen 700 lizenzierten Patienten wesentlich weiter als Deutschland, wo das zuständige Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte bisher alle Anträge von Patienten abgelehnt hat.
Canada Plans To Offer Medical Marijuana in BC Pharmacies [DWC#330, 26.03.2004]
Kanada: Regierung verliert Prozess aber Verbot wieder gültig [CLN#129, 10.10.2003]
VG Köln: Keine Genehmigung für Patienten [CLN#148, 12.03.2004]
Cannabis in Kanada
Cannabis als Medizin
8. Schweiz: 14 Monate Haft
Der Präsident der "Schweizer Hanfkoordination" (SHK - CSC), eines Dachverbands der Schweizer Hanfbranche, muss für 14 Monate ins Gefängnis. François Reusser wurde des Handels mit 500kg Hanf und der Geldwäsche schuldig gesprochen. Zwischen Juni 2001 und Mai 2002 soll er 160 kg Hanfblüten an Läden geliefert haben. Eine Firma, an der Reusser beteiligt war, handelte mit 491 kg Cannabis. Wegen des Urteils muss er jetzt eine 14-monatige Vorstrafe aus dem Jahr 2001 absitzen, während die neue Strafe von 16 Monaten auf Bewährung ausgesetzt ist.
Gefängnis für früheren SP-Politiker [Tagesanzeiger (CH), 30.03.2004]
SHK - CSC Homepage
Cannabis in der Schweiz
9. Termine zu Cannabis und Drogenpolitik:
01./08.05.2004 Weltweit: MMM 2004
Unsere Ankündigungen sowie Links finden Sie bei unseren Terminen:
Wissen Sie von Veranstaltungen? Schreiben Sie uns! Mit freundlichen Grüßen Joe Wein Kontakt: info@cannabislegal.de Anmeldung: cannabislegalnews-subscribe@yahoogroups.com Abmeldung: cannabislegalnews-unsubscribe@yahoogroups.com |