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"Jugendliche in Deutschland zur Jahrtausendwende: Gefährlich oder gefährdet?"

Studie des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen (KFN)

Gibt es ein Nord-Süd-Gefälle beim Cannabiskonsum? Bei den "geringen Mengen", bei denen das Verfahren straflos eingestellt werden kann sowie bei den Einstellungsraten unterscheiden sich die Bundesländer erheblich. [1] Aber wie sieht es bei der Konsumverbreitung aus? Zahlt sich die harte Linie des bayerischen Innenministers Beckstein aus? Eine im Herbst 2002 veröffentlichte Studie weckt Zweifel daran.

Die Notwendigkeit, problematischen Drogenkonsum unter Jugendlichen zu verhindern, wird oft als Argument für ein generelles Cannabisverbot bemüht, obwohl bundesweit ca. 85% der Konsumenten von Cannabis laut offiziellen Erhebungen Erwachsene sind: Etwa 500.000 minderjährigen Konsumenten stehen ca. 2,9 Millionen Konsumenten ab 18 gegenüber, die genauso kriminalisiert werden. Dabei beschützt eine betont repressive Cannabis-Politik keineswegs Minderjährige vor Drogen. Das zeigt die Studie "Jugendliche in Deutschland zur Jahrtausendwende: Gefährlich oder gefährdet?" des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen (KFN). Im Jahre 2000 befragten die Wissenschaftler in mehreren Großstädten in Deutschland sowie im Landkreis Friesland (zwischen Bremen und der niederländischen Grenze) in einer Repräsentativumfrage Schüler der 9. Jahrgangsstufe zu Gewalt, Straftaten und Schuleschwänzen sowie zu ihrem Konsum von legalen und illegalen Drogen.

Spitzenreiter beim Cannabiskonsum unter deutschen Jugendlichen waren dabei die Münchner Schüler, obwohl doch Bayern für seine repressive Cannabispolitik wohlbekannt ist. 14,8% der einheimisch-deutschen Jugendlichen der Hauptstadt des Freistaats Bayern hatten monatlich oder häufiger Cannabis konsumiert, mehr als in Hamburg (14,4%), Hannover (10,2%), in Friesland (9,1%) oder in Leipzig (8,1%). Nur geringe Unterschiede gab es beim Konsum von Ecstasy (Hannover: 1,2%, Leipzig: 1,1%, München: 1,0%, Hamburg: 1,0%, Friesland: 0,7%). [2]

Nicht nur bei Cannabis sondern auch bei Alkohol liegt München vorne. Mit 10,4% konsumierten rund doppelt soviele Münchner Schüler wöchentlich oder gar täglich Alkohol als in den anderen Städten (Friesland: 6,0%, Leipzig: 5,2%, Hamburg: 5,1%, Hannover: 4,7%). Bei Tabak lag München mit 35,3% nach Leipzig (37,4% und Friesland (37,0%) auf Platz 3 vor Hamburg (30,9%) und Hannover (27,8%). [3]

Die Ergebnisse der KFN-Studie decken sich mit zwei anderen Untersuchungen. Eine Studie der Schweizer Fachstelle für Alkohol- und andere Suchtfragen (SFA) fand im Februar 2001, dass Cannabiskonsum unter Männern in der cannabis-repressiven Westschweiz weiter verbreitet ist als in der toleranteren Deutschschweiz oder im Südosten des Landes. [4] Eine Studie im Dreiländereck zu Belgien und den Niederlanden in der Euregio um Aachen stellte fest, dass mehr deutsche als niederländische Schüler Cannabis konsumierten. [5]

Das Bundesverfassungsgericht hat im Jahre 1994 festgestellt, dass ein in Grundrechte eingreifendes Mittel notwendig und geeignet sein muss, den angestrebten Zweck zu erfüllen, um grundgesetzkonform zu sein.[6] Wenn eine repressivere Drogenpolitik nicht zum gewünschten Ergebnis führt, wie diese Studien zeigen, dann heisst das, dass der Gesetzgeber dieses Mittel nicht anwenden darf, weil den damit verbundenen Eingriffen in vom Grundgesetz geschützte Rechtsgüter kein angemessener Gewinn an anderen Rechtsgütern gegenübersteht. Stattdessen muss er weniger in Grundrechte eingreifende oder wirksamere Mittel verwenden, wie z.B. Aufklärung oder staatliche Kontrolle des Handels.

Anmerkungen:
[1] Siehe "Ungleiche Rechtspraxis in den Bundesländern"

[2] Tabelle 37, Seite 117

[3] Tabelle 36, Seite 116

[4] "In der französischen Schweiz wird deutlich härter gegen Cannabiskonsumenten vorgegangen als in der Deutschschweiz. Die höhere Repression zahlt sich laut der Studie jedoch nicht aus. Im Gegenteil: In der Romandie haben 39 Prozent der 15- bis 74- jährigen Männer mindestens einmal Cannabis konsumiert, in der Deutschschweiz 32 Prozent und im Tessin 28 Prozent." (Tagesanzeiger, 15.02.2001)
Siehe Cannabisstudie der Schweizerischen Fachstelle für Alkohol- und andere Drogenprobleme

[5] Siehe Euregio-Studie "Jugendliche 2001"

[6] Siehe "Cannabisentscheidung des Bundesverfassungsgerichts (09.03.1994)"


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Nicola Wilmers/Dirk Enzmann/Dagmar Schaefer/Karin Herbers/Werner Greve/Peter Wetzels
Taschenbuch - 374 Seiten (2002), Nomos Verlagsgesellschaft, Baden-Baden
ISBN: 3789082538 (EUR 21,00)

Information zu diesem Buch auf der Website des Verlages

Münchner Schüler führend bei Alkohol und Cannabis [CLN#78, 27.09.2002]

Die Euregio Studie: Mehr Kiffer in Deutschland als in den Niederlanden

Argument: Das Verbot verhindert den Jugendschutz