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Schreiben des Bayerischen Justizministeriums an den VfD (21.11.2002)

Am 11.11.2002 bezog der Verein für Drogenpolitik e.V. (VfD) in einem Schreiben an die Justizminister Stellung zur Problematik der einheitlichen Einstellungspraxis bei geringen Mengen Cannabis und mahnte eine Regelung an, die dem Verhältnismässigkeitsgebot des Grundgesetzes entspricht.

Schreiben des VfD an die Justizminister [08.11.2002]
Ungleiche Rechtspraxis in den Bundesländern - § 31a BtMG
Cannabisentscheidung des Bundesverfassungsgerichts (1994)
Homepage des Vereins für Drogenpolitik

Das folgende Schreiben ist die Antwort aus dem Bayerischen Staatsministerium der Justiz:

München, 21. November 2002

Bayerisches Staatsministerium der Justiz - 80097 München

Verein für Drogenpolitik e.V.
Käfertaler Str. 38

68167 Mannheim



Zu Ihrem Schreiben vom 11. November 2002 an Herrn Staatsminister Dr. Weiß

Mit 2 Anlagen


Sehr geehrte Damen und Herren,

Herr Staatsminister Dr. Weiß hat mich mit der Beantwortung Ihres vorbezeichneten Schreibens beauftragt.

Ich bitte um Ihr Verständnis, dass ich im Hinblick auf en übrigen Geschäftsanfall davon absehen muss, mit Ihnen in eine ausführliche rechtspolitische Diskussion einzutreten. Zu Ihrem oben genannten Schreiben kann ich daher nur kurz folgendes anmerken:

In seiner grundlegenden Entscheidung vom 9. März 1994 hat das Bundesverfassungsgericht alle Regelungen des BtMG, die den Umgang mit Cannabis unter Strafe stellen, ausdrücklich für verfassungsgemäß erklärt. Es hat lediglich ausgeführt, dass das Übermaßverbot die Staatsorgane verpflichtet, von der Verfolgung der in § 31a BtMG bezeichneten Straftaten in aller Regel abzusehen, wenn Cannabis-Produkte nur in geringen Mengen und ausschließlich zum gelegentlichen Eigenverbrauch erworben oder besessen würden und eine Fremdgefährdung nicht eingetreten sei.

In Bayern existieren inhaltsgleiche Rundschreiben der Generalstaatsanwälte vom 14. Juli 1994, die sich streng an den Vorgaben des Bundesverfassungsgericht orientieren. Entsprechend der in der Rechtssprechung der Oberlandesgerichte entwickelten Grundsätze, auf die das Bundesverfassungsgericht in der genannten Entscheidung ausdrücklich verwiesen hat, werden bei Haschisch und Marihuana Mengen bis zu 3 Konsumeinheiten von jeweils zwei Gramm, also insgesamt ca. sechs Gramm, noch als geringe Menge angesehen. In Fällen einer Fremdgefährdung wird von § 31 a BtMG kein Gebrauch gemacht.

Soweit Sie auf Unterschiede in der Einstellungspraxis der Länder hinweisen, kam die von Ihnen zitierte rechtstatsächliche Untersuchung von Aulinger zu dem Ergebnis, dass jedenfalls hinsichtlich der Strafverfolgung von Cannabis-Konsumenten kein zwingender gesetzgeberischer Handlungsbedarf besteht. In der Bewertung der empirischen Befunde wird u.a. ausgeführt, dass ungeachtet der unterschiedlichen Verwaltungsvorschriften der Länder, denen die staatsanwaltschaftliche Praxis teilweise nicht folgt, hinsichtlich der Anwendung des § 31 a BtMG auf Cannabis-Konsumenten ein so hohes Maß an Übereinstimmung besteht, dass von einer im Wesentlichen einheitlichen Rechtsanwendung gesprochen werden kann. Mit den unbestimmten Rechts- und Ermessensbegriffen der geringen Schuld und des fehlenden öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung hat der Gesetzgeber den Strafverfolgungsorganen einen so weiten Spielraum eröffnet, dass gewisse Ungleichheiten bei der Rechtsanwendung hinzunehmen sind. Soweit Divergenzen der Einstellungspraxis auf unterschiedliche Ausprägungen des Drogenproblems selbst zurückzuführen sind, erscheinen sie sogar geboten. Die empirisch festgestellten Divergenzen zwischen den Ländern halten sich jedoch in einem Rahmen, der keine grundlegende gesetzgeberische Korrektur erfordert, insbesondere keineswegs zu einer (Teil-)Legalisierung des Umgangs mit geringen Mengen Cannabis zwingt (Aulinger a.a.O. S. 323 bis 326).

Ich halte diese Feststellungen für überzeugend. Selbst wenn sich jedoch herausstellen sollte, dass die Notwendigkeit einer bundesweiten Angleichung der betreffenden Rechtspraxis besteht, wäre eine "Freigabe" von Cannabis unseres Erachtens aus zahlreichen Gründen ein Schritt in die völlig falsche Richtung. Insoweit darf ich auf die in Ablichtung beigefügten Referate von Herrn Staatsminister Dr. Beckstein und Herrn Staatsminister Dr. Leeb aus dem Jahre 1998 Bezug nehmen, in denen wichtige Aspekte hierzu angesprochen werden. Bayern wird u.a. aus den dort dargelegten Gründen an seiner bisherigen Dropgenpolitik festhalten.

Mit freundlichen Grüßen
[Unterschrift]
Kornprobst
Regierungsdirektor