Cannabislegalisierung in Deutschland!
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  Der folgende Text stammt von Vorarlberg Online und wurde dort am Tag der Podiumsdiskussion veröffentlicht.


http://www.vol.at/pubs/redaktion/homepage/news-53784.shtm

Im Kolpinghaus Dornbirn findet am Dienstag der "VN"-Stammtisch zum Thema "Drogenpolitik auf dem Prüfstand" statt.

Es gibt in der Drogenpolitik keinen Königsweg. Aber die Strategie der Abschreckung, die Kriminalisierung von Dealern und Süchtigen ist längst gescheitert.

Darüber herrscht auch in Vorarlberg weitgehend Einigkeit unter maßgeblichen Gesundheits- und Sozialpolitikern, Medizinern und Rauschgiftexperten. Der Grundsatz "Hilfe vor Strafe" bildet die Leitlinie des Vorarlberger Drogenkonzepts.

Umso mehr stößt die Ankündigung von Justizminister Dieter Böhmdorfer, die Suchtmittelgesetzgebung (Herabsetzung der Grenzmengen und Anhebung der Strafrahmen) zu verschärfen, auf Ablehnung. Eine solche Verordnung werde, wenn sie in Kraft trete, das Prinzip einer stabilen, gradlinigen und zielgerichteten Drogenpolitik gefährden, so wird befürchtet.

Braucht es auch in Vorarlberg neue Ansätze in der Drogenpolitik? Die "VN" werden die Fragen der Drogengesetzgebung und praktischen Drogenpolitik – auch im Hinblick auf die neue Herausforderung durch die Schweizer Situation – heute Abend bei einer Podiumsdiskussion erörtern.

"VN"-Stammtisch

Thema: Drogenpolitik auf dem Prüfstand
Termin: Dienstag, 24.10.200019 Uhr
Ort: Kolpinghaus Dornbirn, Jahngasse 20

Podium: Primar Dr. Reinhard Haller, Landesdrogenbeauftragter; Dr. Elmar Marent, Sicherheitsdirektor; Günter Lampert, VP-Sozialsprecher; Rainer Roppele, Ex & Hopp; Dr. Bernhard Mika, Psychosoziale Betreuung; Christine Helfer, Eltern-Selbsthilfegruppe

Moderator: "VN"-Redakteur Hans Günter Pellert



Eine Stellungnahme der Podiumsteilnehmer wurde einen Tag später auf Vorarlberg Online veröffentlicht. Wir haben ihn hierher kopiert und zusätzlich kommentiert. Der schwarze Text ist also die orginal Vorarlberg Online Veröffentlichung, der rote der von uns eingefügte Kommentar.

Stellungnahme der Podiumsteilnehmer

GÜNTER LAMPERT VP-SOZIALSPRECHER:
Das Vorarlberger Drogenkonzept ruht seit 1991 auf vier Stufen: Vorbeugung, Hilfe zur Therapie, Schadensminimierung und Repression. Unser Weg ist klar und wir sind nicht bereit, ihn zu verlassen. Allerdings wollen wir nur dort repressiv einschreiten, wo es nötig ist, beim Drogenhandel.

Fakt ist aber, dass hauptsächlich Kleinstkonsumenten und Kleinstmengenschmuggler aufgegriffen und angezeigt werden.

In der Schweiz ist vieles auch aus einer Ohnmacht heraus entschieden worden.

Das mag für die schweizer (übrigens mittlerweile trotzdem sehr erfolgreiche) Heroinpolitik zutreffen, aber sicher nicht für die Cannabispolitik. Die Schweiz geht hier sehr überlegt vor und stützt sich dabei auf die Ergebnisse des "Cannabisbericht der Eidgenössischen Kommission für Drogenfragen". Hier zu suggerieren das seien unüberlegte Panik- und Ohnmachtshandlungen ist einfach falsch.

DR. ELMAR MARENT SICHERHEITSDIREKTOR
Das Suchtgiftproblem lässt sich mit polizeilichen Maßnahmen nicht lösen. Es ist ein gesellschaftliches Problem. Unser Ziel muss die Bekämpfung des organisierten Handels sein und Leute aus ihrer unseligen Drogenkarriere herauszubringen.

Die allermeisten Cannabiskonsumenten haben keineswegs eine "unselige Drogenkarriere", sondern konsumieren eben hin und wieder ihr Kraut, ohne damit Probleme zu bekommen. Wenn nun die Polizei "hilfreich" einschreitet, sie anzeigt oder (wie es schon vorgekommen ist) vom Arbeitsplatz weg verhaftet, ist das keineswegs eine Hilfe sondern nur eine unglaubliche Belastung für die Konsumenten. Wie Dr. Marent selbst sagt: Das Suchtgiftproblem lässt sich mit polizeilichen Maßnahmen nicht lösen.

Ich bin gegen eine Liberalisierung von Cannabisprodukten

Eine Begründung bleibt Marent -wie auch in der Podiumsdiskussion- bei dieser Stellungnahme schuldig. Hoffentlich ist der einzige Grund nicht der, dass die Cannabiskriminalisierung ein großes Arbeitsfeld der Polizei ist, also viele Zollwacheleute und Polizisten beschäftigt.

und wünsche mir eine Entbürokratisierung des Suchtmittelgesetzes.

Um mehr Konsumenten, noch schneller zu bestrafen?

PRIMAR DR. REINHARD HALLER LANDESDROGENBEAUFTRAGTER
Man muss sich eingestehen, dass das Drogenproblem nicht lösbar ist. Es geht allenfalls darum, die Sache besser in den Griff zu bekommen. Die Situation ist bei uns nicht so schlecht: Im Jahr 2000 hatten wir bisher zwei Drogentote, aber es werden bis Jahresende ca. 130 Menschen am Alkohol und bis zu 500 an den Folgen des Nikotins sterben. Cannabis ist eindeutig ein Rauschmittel.

Cannabistote gab es noch überhaupt nie, das wird wieder einmal nicht ausgesprochen. Und dass Cannabis ein Rauschmittel ist hat niemals irgendwer bestritten.

DR. BERNHARD MIKA PSYCHOSOZIALE BETREUUNG
Mit der Nachsorge sieht es in Vorarlberg nicht so schlecht aus. Allein meine Stelle bietet derzeit sieben Nachsorgewohnplätze an, wo die Leute nach dem Entzug ein Jahr lang weiterbetreut werden. Zur Zeit ist ein Platz frei. Rund 300 Personen werden derzeit in Vorarlberg substituiert. Von meinen 70 bis 80 Klienten haben es Einzelne geschafft, die Ersatzdroge abzusetzen.

GHRISTINE HELFER ELTERN-SELBSTHILFEGRUPPE
Mein Sohn ist 27 Jahre alt und mit 15 in die Sucht abgeglitten. Zuerst Alkohol, nachdem ihm das nicht mehr reichte, Cannabis, am Schluss hing er an der Nadel. Derzeit sitzt er für vier Jahre in Stein in Haft wegen schwerer Beschaffungskriminalität. Cannabis darf man sicher nicht freigeben. Es ist eine Einstiegsdroge. Auf jeden Fall gilt: Helfen vor Strafen.

So tragisch das Schicksal ihres Sohnes sicherlich ist, eine Einstiegsdroge - und darauf haben wir Frau Helfer auch während der Diskussion hingewiesen - ist Cannabis trotzdem nicht. Mit einer Cannabiskriminalisierung ist keinem geholfen, den Konsumenten am allerwenigsten. Gerade die Kriminalisierung von Cannabis gefährdet die Konsumenten zusätzlich (gemischte Märkte harter und weicher Drogen, keine Kontrollmechanismen etc.). Viele Eltern von Drogenabhängigen haben das auch erkannt. Wir möchten deshalb an diese Stelle einen in einer schweizer Zeitung veröffentlichten Leserbrief hier hinstellen:

Kritiker der heutigen Drogenpolitik wurden vom Bundesrat immer wieder
auf eine bevorstehende Revision des Betäubungsmittelgesetzes verwiesen.
Nach langem Zögern und Abwägen hat der Bundesrat nun endlich die Katze
aus dem Sack gelassen: Der Entscheid ist mutlos und enttäuschend. Nur
gerade das Kiffen soll straffrei werden, nicht aber der Konsum anderer
Drogen; der real existierende Handel mit Cannabis soll nicht
legalisiert und damit kontrollierbar gemacht werden, sondern er soll
trotz Verbot bloss gesamtschweizerisch einheitlich toleriert werden.
Offensichtlich hat der Bundesrat wider besseres Wissen dem politischen
Druck der Uno-Drogenpäpste nachgegeben. Und indem er darauf verzichtet,
Alkohol und Tabak in die Liste der Suchtmittel aufzunehmen, hat er sich
auch den wirtschaftlichen Interessen der Alkohol- und Tabaklobby
gebeugt. Es ist zudem zu befürchten, dass Referendumsdrohungen der
radikalen Drogengegner dem bescheidenen Reförmchen den letzten Zahn
ziehen werden. Das absurde Drogentheater läuft dann wie gehabt weiter.
Für uns Eltern von drogenabhängigen Kindern (Eltern- und
Angehörigenvereinigung Drogenabhängiger DAJ Bern), die die
Schattenseiten des Gesetzes zur Genüge erlebt haben, ist das
entmutigend. Falls eines unserer Kindeskinder einmal ein Drogenproblem
haben sollte (was in den besten Familien vorkommen kann), dann wird es
wieder an den gleichen unsinnigen Gesetzen und Vorurteilen scheitern.

VIKTOR GORGÉ, BERN

oder auch die Eltern und Angehörigen verstorbener Drogenabhängiger in Gladbeck

RAINER ROPPELE EX & HOPP
In der Schweiz werden mit der begrenzten Heroinabgabe Leute erreicht, die man sonst nicht kontaktieren könnte. Dort zahlt der Staat für ein Gramm Heroin 1,30 Franken. In Vorarlberg kostet dieselbe Menge am Schwarzmarkt zwischen 3000 und 4000 S. Die Differenz bleibt der Kriminalität. Da muss es doch ein massives Interesse geben für die Liberalisierung.