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Brief an Maria Eichhorn (CSU), Margrit Spielmann (SPD) und Detlef Parr (FDP)

Dieser Brief von Jakob Hartmann wurde cannabislegal.de zur Veröffentlichung zugesandt. Wenn Sie auch einen Brief zur Veröffentlichung haben, schreiben Sie uns bitte!

23.02.09

Offener Brief an die Bundestagsabgeordneten Maria Eichhorn (CSU), Margrit Spielmann (SPD) und Detlef Parr (FDP)



Sehr geehrte Frau Eichhorn, sehr geehrte Frau Spielmann, sehr geehrter Herr Parr,

ich habe ihre Beiträge zur Bundestagsdebatte um die Entkriminalisierung von Cannabis gelesen und möchte dazu einige Anmerkungen vorbringen.

Frau Eichhorn, sie sagten, Cannabis diene als Einstiegsdroge und sprachen in einer Pressemitteilung von einem "mittlerweile wissenschaftlich erbrachte[n] Nachweis". Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung stellt jedoch auf ihrer Seite www.drugcom.de das Gegenteil fest.

"Beide Autoren [Dieter Kleiber und Karl-Arthur Kovar] haben 1998 im Rahmen einer umfangreichen Expertise die Risiken des Cannabiskonsums beleuchtet und stellten zu der Frage der "Einstiegsdroge" fest, dass die Schrittmacherthese nach damaligem wissenschaftlichem Kenntnisstand nicht haltbar ist."

"Dabei ist die Substanz Cannabis nur ein Faktor von vielen und auch angesichts aktueller Studienergebnisse ganz sicher nicht die Einstiegsdroge."

Zitate aus Topthema "Einstiegsdroge Cannabis" auf drugcom.de


Sie sprachen außerdem von einer Studie, bei der Teilnehmern eine geringe Menge THC verabreicht wurde, die bei einem Teil der Probanden zu Angstzuständen und ähnlichen Symptomen führte. Sie schreiben nicht, wie groß die Wirkstoffmenge im Vergleich zu einer normalen Konsumdosis war und auch nicht, wie groß der Anteil der Teilnehmer war, bei denen diese Probleme auftraten. Außerdem entnehme ich ihren Angaben, dass den Teilnehmern pures THC gegeben wurde. Natürliches Cannabis enthält jedoch einige weitere Wirkstoffe. Es gibt Hinweise darauf, dass einer davon, das Cannabidiol (CBD) solchen Problemen entgegenwirken kann. (1)

Frau Spielmann, sie sagen, eine Freigabe würde suggerieren, Cannabis wäre harmlos, und der Staat habe die Pflicht, das Recht eines Menschen auf körperliche Unversehrtheit auch gegen dessen Recht auf Selbstbestimmung zu verteidigen. Diese Argumentation kann ich nicht nachvollziehen. Was legal ist, muss deshalb nicht völlig harmlos sein. Piercings sind nicht ungefährlich, aber legal. Schnelles Fahren ist nicht ungefährlich, aber Deutschland ist eines der wenigen Länder ohne Tempolimit auf Autobahnen. Auch Alkohol, Rauchen, schlechte Ernährung, Bewegungsmangel und zu laute Musik sind schädlich. Das Strafrecht ist jedoch nicht das geeignete Mittel, um Menschen von ungesundem, selbstschädigendem Verhalten abzubringen.

Mit ihrer Frage, ob ein Drogenabhängiger überhaupt selbstbestimmt entscheiden kann, suggerieren sie, jeder Cannabisgebraucher sei süchtig. Dabei hat Cannabis ein geringeres Suchtpotential als Tabak. Es spricht aber niemand davon, Tabak zu verbieten.(2)

Zur Frage nach den Kosten der Prohibitionspolitik sagen sie, sich auf Schätzungen des DHV zu berufen sei "absurd" da dieser ein großes Interesse an der Legalisierung hat. Wollen sie damit sagen, dass jeder, der eine andere Politik befürwortet als die Prohibition sei per definitionem unglaubwürdig? Also auch z.B. der Nobelpreisträger Milton Friedman oder die Ex-Staatschefs Südamerikas, die kürzlich die amerikanische "War on Drugs" Politik entschieden kritisierten und Entkriminalisierung forderten?


Herr Parr, sie argumentieren mit dem gestiegenen Wirkstoffgehalt neuer Züchtungen, durch den Cannabis immer "giftiger" würde. Auch wenn diese Entwicklung möglicherweise wirklich problematisch ist, halte ich ihre Wortwahl für bedenklich. Cannabis ist, von seiner Schädlichkeit abgesehen, einfach nicht giftig. Es ist de facto unmöglich, bei einer Überdosierung an einer toxischen Wirkung des THCs zu sterben. Beim Alkohol sieht das ganz anders aus. Zur Entwicklung des Wirkstoffgehalts gibt es durchaus verschiedene Einschätzungen. Sicher ist jedoch, dass er nur in einem legalen, regulierten Markt kontrolliert werden kann. Schließlich ist auch auf jeder Flasche Bier der Wirkstoffgehalt angegeben.


Fazit:

Eine Freigabe würde eben nicht den legalen Drogen Alkohol und Tabak eine weitere hinzufügen, sondern nur den rechtlichen Status von Cannabis ändern. Wie sie selbst sagen, ist die Droge in unserer Gesellschaft längst etabliert. Das Beispiel der Niederlande, wo der Konsum im europäischen Durchschnitt liegt, zeigt, dass eine Entkriminalisierung auch keinen Run auf die Droge auslösen würde.
Gerade ist im Raum München wieder mit Blei verseuchtes Cannabis aufgetaucht. Angesichts dessen ist es an der Zeit einzusehen, dass die Prohibition die Droge nur noch gefährlicher macht, effektiven Jugendschutz verhindert und kriminelle Organisationen bereichert.

Mit freundlichen Grüßen,

Jakob Hartmann

PS:


(1) Zur von Frau Eichhorn genannten Studie:
http://www.drugcom.de/bot_archiv__sid-2005_idx-425.html
http://www.biomedcentral.com/1471-244X/5/17/abstract
Es handelte sich um einen Versuch mit acht männlichen Teilnehmern, die gelegentlich Cannabis rauchten. Ihnen wurde synthetisches THC oral verabreicht. Zwei der Teilnehmer mussten den Versuch wegen der von Frau Eichhorn beschriebenen Symptome abbrechen.
Laut dem Abstract waren diese vorrübergehend.
Bei der Studie wurde tatsächlich kein Cannabis sondern pures THC verwendet.

Eine Studie zur Wirkung von CBD:
Zuardi, A.W; J.A.S. Crippa, J.E.C. Hallak, F.A. Moreira, F.S. Guimarães (2006) "Cannabidiol as an antipsychotic drug"
http://www.scielo.br/pdf/bjmbr/v39n4/6164.pdf (Brazilian Journal of Medical and Biological Research)

"A high dose of δ9-tetrahydrocannabinol, the main Cannabis sativa (cannabis) component, induces anxiety and psychotic-like symptoms in healthy volunteers. These effects of δ9-tetrahydrocannabinol are significantly reduced by cannabidiol (CBD), a cannabis constituent which is devoid of the typical effects of the plant."



(2) Dr. Christian Schütz, Psychiater an der Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Universität Bonn im Interview auf der Seite des Bundesministeriums für Bildung und Forschung: "Studien zeigen aber, dass fünf bis zehn Prozent der CannabisKonsumenten die Kriterien der Abhängigkeit erfüllen, wenn man auch die psychischen Symptome berücksichtigt. Allerdings sind sie seltener abhängig als etwa Nikotin, Heroin oder KokainKonsumenten."
http://www.gesundheitsforschung-bmbf.de/de/1320.php


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